Die Ohrakupunktur (auch Auriculotherapie oder -medizin), ist eine Akupunktur des
Ohres. Sie ist ein Konzept der Diagnose und Therapie des französischen Arztes
Paul Nogier. Im Jahre 1956 stellte er seine Erkenntnisse erstmals auf einem Akupunktur-Kongress
in Frankreich vor. 1957 erschien dieser Vortrag in der "Deutschen Zeitschrift
für Akupunktur" und erreichte auch China. Dort wurde ebenfalls weiter
geforscht, so dass von einer französischen und einer chinesischen Schule
gesprochen werden kann.
In China wurden erstmals im Huangdi Neijing (im 1. Jahrhundert v. Chr.) rund
20 Akupunkturpunkte auf der Ohrmuschel erwähnt. In Persien und im alten
Ägypten wurden einzelne Punkte der Ohrakupuntur genutzt und auch Hippokrates
kannte einzelne Reaktionspunkte auf der Ohrmuschel. Nogiers hat als erster die
Projektion des Homunculus und eine Systematik der Ohrmuschel veröffentlicht
worden.
Therapie
Die Ohrakupunktur zählt zu den regulationstherapeutischen Verfahren. Diese
gehen von einem sich selbst regulierenden Organismus aus, der all seine Körperfunktionen
auf die Norm reguliert, Störungen kompensiert und Heilungsprozesse initiiert
und unterhält. Funktionelle Störungen und Schmerzen projizieren sich
in Reaktionspunkten auf die Körperoberfläche. Die Reizung dieser Punkte
stimuliert gezielt die Autoregulation, um diese Dysfunktion zu normalisieren
oder zu kompensieren.
Als Wirkmechanismen der Ohrakupunktur werden segemtale Verschaltungen und Modulationen
auf verschiedenen Ebenen des Zentralnervensystems diskutiert - Rückenmark,
Stammhirn, Hypophyse, Hypothalamus, Zerebrum. Des Weiteren werden die Ausschüttung
von Neurotransmittern und die neuronale Plastizität diskutiert. Innerviert
wird das Ohr von drei Nerven:
- Nervus auricularis magnus (Plexus cervicalis)
- Nervus auricularis nervi vagus
- Nervus auriculotemporalis (N. trigeminus)
Indikationen
Durch die Ohrakupunktur können viele akute und chronische Erkrankungen
ohne Nebenwirkungen gezielt und sofort wirksam behandelt werden:
- Ohrakupunktur ist eine wirksame Schmerztherapie. Akute und funktionelle
Schmerzen können beeinflusst, gelindert und häufig ausgeschaltet
werden.
- Ohrakupunktur wirkt ausgleichend und regulierend. Störungen des zentralen
Nervensystems (Furcht, Platzangst, Besessenheit, Parkinson, Konzentrationsmängel,
Schwindel, Stottern usw.) werden nachhaltig beeinflusst.
- Ohrakupunktur ist von ausgleichender, entspannender und anregender Wirkung
und daher zur konstitutionellen Behandlung von alten Menschen geeignet.
- Ohrakupunktur kann als Basistherapie zur Suchtbehandlung (Alkohol-, Drogen-
oder Medikamentenabhängigkeit, Raucherentwöhnung oder Regulierung
des Essverhaltens) angewendet werden.
Klassifizierung
Auch beim NADA-Protokoll werden Nadeln in das Ohr gestochen. Diese Therapie
hat jedoch keine gemeinsame Basis mit der Ohrakupunktur.
Eine andere Form der Ohrakupunktur ist die Neuroaurikulotherapie (NAT). Sie
ist eine Synthese aus Neurowissenschaft und Aurikulomedizin. Sie verbindet das
Erfahrungswissen der Repräsentationen in der Ohrmuschel mit den modernen
Erkenntnissen der wissenschaftlichen Bio- und Neuropsychologie. Eingesetzt wird
die NAT zur Behandlung psychischer Störungen.
Ein weiteres therapeutisches Mittel auf Grundlage der Ohrakupunktur ist die
Implantat-Akupunktur. Hier werden anstatt kurz wirkender Akupunkturnadeln Dauerimplantate
an den wirksamen Akupunkturpunkten gesetzt.
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